Der Julleuchter ist ein angeblich heidnisch-germanischer, tatsächlich jedoch im Rahmen der neuheidnischen Germanenverehrung konstruierter Kultgegenstand, der die Sonnenwende symbolisieren soll. Er spielte eine wesentliche Rolle im nationalsozialistischen Weihnachtskult und wurde auch im Rahmen des Brauchtums der SS verwendet.
Neuzeitlicher Ursprung
Zum ersten Mal erwähnt wurde ein solcher Leuchter 1888 im schwedischen Magazin „Runa“. Dabei wurde ein Original beschrieben, das aus dem 16. Jahrhundert aus der Gegend von Halland stammt und heute im dortigen Museum ausgestellt ist. Er wurde vom völkischen Historiker Herman Wirth („Die Ura Linda Chronik“) in Deutschland nachgebaut und diente daher als Vorbild für den Julleuchter der SS. Auch in norwegischen und dänischen Museen (Kopenhagen) finden sich ähnliche Turmleuchter. Ein Bezug zum Julfest ist nicht nachweisbar.
Im Nationalsozialismus
Herstellung
Häftlinge des KZ Dachau stellten im Jahr 1939 52.635 Julleuchter im Auftrag der Porzellanmanufaktur Allach her. Die Angaben über die in der Modellierwerkstatt des Klinkerwerks im KZ Neuengamme im Jahr 1943 hergestellten Exemplare belaufen sich auf 15.116 bzw. ca. 15.000 Stück.
In der Zeit des Nationalsozialismus war der Julleuchter wesentlicher Bestandteil der rekonstruierten „germanischen“ Religion. Verwendung fand der Leuchter in den Riten der SS. So wurde er zum (bzw. in der Vorbereitung auf) das Julfest entzündet, das die Nationalsozialisten anstelle des christlichen Weihnachtsfestes propagierten. Die jeweils letzte Kerze eines Jahres wurde dabei aufbewahrt und als erste der neuen Periode verwendet. Es gab detaillierte Anleitungen zur Gestaltung einer Kultecke für den SS-Mann:
Verwendung als „Ehrenzeichen“
Von Heinrich Himmler und vom Freundeskreis Reichsführer SS wurde der „Julleuchter der SS“ ab 1935 als Auszeichnung verwendet.
Verwendung im Rechtsextremismus
In rechtsextremen Kreisen findet der Julleuchter heute wiederum Einsatz als kultisches Gerät. Im November 2017 fiel der Landtagsabgeordnete und Pressesprecher der AfD, Andreas Harlaß aus Sachsen, damit auf, dass er ein Bild eines Julleuchters auf Facebook postete. Laut eigenen Angaben handelte es sich bei dem Leuchter um ein Erbstück seiner Eltern. Die Historikerin Kirsten John-Stucke identifizierte daraufhin den Leuchter als ein an das Dritte Reich angelehntes Replikat.
Literatur
- Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus (= Digitale Bibliothek. 25); CD-ROM; Directmedia Publ., Berlin 2000, ISBN 3-89853-125-2.
Belege
Weblinks
- Der Julleuchter – eine erfundene Tradition (Memento vom 22. Dezember 2010 im Internet Archive)



